Was junge Menschen beim Start ins Berufsleben brauchen.
Junge Menschen haben es immer schwerer, in einen geregelten
Beruf zu kommen. Aber wie sollten sie damit umgehen? Der Schekker hat den
Bamberger Soziologie-Professor Hans-Peter Blossfeld gefragt.
Schekker: Herr
Professor Blossfeld, die Schlagzeilen sind momentan in aller Munde: Da ist die
Rede von steigender Akademikerarbeitslosigkeit, unbezahlten Endlospraktika oder
unzureichenden Teilzeitbeschäftigungen für junge Menschen. Offensichtlich hat
sich der Arbeitsmarkt in den letzten Jahren deutlich verändert. Woran liegt es?
Blossfeld:
Richtig, solche Entwicklungen sind neu. Es ist in den letzten 15 Jahren sehr
viel schwieriger für junge Menschen geworden, ins Berufsleben einzusteigen. Es
gibt nämlich immer seltener "normale" Beschäftigungsverhältnisse mit
Zukunfsperspektive. Stattdessen werden Verträge befristet, die Tätigkeiten nur
als Teilzeitarbeit oder gar nur als Praktikum vergeben.
Die jungen Leute leisten zwar noch immer dieselbe Arbeit,
aber die Verträge ändern sich. Und das ist weltweit so: Immer mehr junge
Menschen arbeiten in unsicheren Arbeitsverhältnissen. Die Wissenschaft spricht
davon so genannten prekären Beshäftigungen.
Schekker: In
Frankreich bezeichnet dieses Schlagwort eine ganze Generation. Dort ist die
Rede von einer "génération précaire". Was ist denn unter dieser
prekären Beshäftigung genau zu verstehen?
Blossfeld: Die
Leute sind qualifizierter denn je. Sie besitzen positive Merkmele wie
Auslandserfahrung oder eine gute Ausbildung. Eine Position mit langfristiger
Zukunftsperspektive zu erhalten, fällt ihnen trotzdem immer schwerer. Es ist
deswegen nach dem Abschluss der Ausbildung immer unklarer. wie es für sie
weitergeht. Sie erfahren eine große Unsicherheit.
Schekker: Was
bedeutet das denn für das Leben eines jungen Erwachsenen?
Blossfeld: Die
Zeit der beruflichen Etablierung verzögert sich. Früher begann nach der Schule,
spätestens nach dem Studium der "Ernst des Lebens". Mit dem festen
Job kam ein festes Einkommen und ein geregelter Tagesablauf. Heute ist es so:
Nach einer langen Ausbildung, einem langen Studium kommen noch einmal drei bis
fünf weitere Jahre, in denen Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger kein
gesichertes Arbeitsverhältnis haben. Klar, dass sich da immer weniger junge
Menschen entschließen, eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen.
Schekker: Das
bedeutet aber auch mehr Freiheit: Junge Menschen können sich ausprobieren. Wird
der eigene Beruf langweilig, ist niemand gezwungen, bis zur Rente dort zu
verharren. Ist das nicht auch große Chance?
Blossfeld: Eine Chance wäre es nur dann, wenn es mit
positiven Aspekten verbunden wäre. Das ist hier aber nicht der Fall. Es ist
keine Freiheit, sondern ein Zwang, weil sich die jungen Menschen nicht entscheiden
können. Sie haben ja keine Wahl: Sie müssen mit dieser Flexibilisierung leben.
Es wird ihnen aufgezwungen. Insofern hat das nichts mit mehr Freiheit zu tun.
Schekker: Wie
können junge Menschen heute it dieser Situation am besten umgehen?
Blossfeld:
Qualifikation ist in dieser Situation zunehmen wichtig. Unter der neu
geforderten Flexibilität leiden vor allem die Leute, die keine oder keine gute
Ausbildung haben, Wer qualifiziert ist, hat es leichter, sich zu etablieren.
Aber es dauert viel länger als frühler. Da sind Geduld und Ausdauer wichtig:
Junge Menschen dürfen nicht zu schnell aufgeben, wenn es mit
dem Traumjob nicht gleich klappt. Viele werden sich sicherlich etablieren.
Wichtig ist aber auch, dass Arbeitgeber den Berufsanfängern nicht immer mehr
aufbürden sollten.
Das
Interview führte Matthias Klein, 22 Jahre alt, Student aus Koblenz.
September
2006 |
Nr. 37 | Arbeit
http://www.schekker.de/37/magazin/topthema/6302.html, Stand von
13.08.2008
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